Lettland wirbt um Investoren: Neue Perspektiven für die europäische Verteidigungsindustrie

Berlin, 15.10.2024: “Latvia – Security at the Perimeter of NATO” – unter diesem Titel präsentierte sich Lettland als attraktiver Standort für die Verteidigungsindustrie. STZ-Leiter Jürgen Raizner, der an dieser hochkarätigen Veranstaltung teilnahm, erkannte den eindrucksvollen Auftritt des baltischen Staates. Die Präsenz des lettischen Staatspräsidenten Edgars Rinkevics und des Wirtschaftsministers Viktors Valainis unterstrich das starke Interesse Lettlands an ausländischen Investoren. Diese Offensive kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die globale Sicherheitslage eine Neubewertung der Verteidigungskapazitäten in Europa erfordert.

In einer Ära wachsender geopolitischer Spannungen steht die Verteidigungsindustrie vor der Herausforderung, ihre Produktionskapazitäten zügig zu erweitern. NATO-Mitgliedstaaten diskutieren bereits über eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben über die bisherige Zielmarke von 2% des Bruttoinlandsprodukts hinaus. Lettland, strategisch gelegen an den Grenzen zu Russland und Belarus, geht mit gutem Beispiel voran und investiert bereits mehr als 3% seines BIP in die Verteidigung.

Podiumsdiskussion, 15.10.2024, Berlin: Kaspars Rozkalns, Lettische Förderation für Sicherheit und Verteidigung (DAIF), Viktors Valanis, Wirtschaftsminister Lettland, Dr. Hans Christoph Atzpodien, BDSV, Admiral Carsten Stawitzki, Bundesverteidigungsministerium, Michael Humbek, Dynamit Nobel Defence,

Bislang gab es kein Geld, aber viel Zeit. Jetzt gibt es viel Geld, aber keine Zeit.

— Admiral Carsten Stawitzki, Direktor des Bereichs Rüstung des Verteidigungsministeriums

Die zentrale Frage lautet nun: Wie kann die Industrie diese Gelegenheit nutzen, um nicht nur den akuten Bedarf zu decken, sondern auch langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und zur Stärkung der europäischen Sicherheitsarchitektur beizutragen? Lettlands Initiative könnte den Weg für eine engere Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft im Verteidigungssektor ebnen. Sie zeigt exemplarisch, wie einzelne Länder proaktiv auf die veränderte Sicherheitslage reagieren und gleichzeitig wirtschaftliche Chancen schaffen können.

Die Veranstaltung brachte jedoch auch kritische Herausforderungen ans Licht. Der lettische Wirtschaftsminister Viktors Valainis machte deutlich, dass neue Technologien in den USA oft wesentlich weiter entwickelt und bereits erprobt sind, während in der EU noch über Verfahren und Zulassungen diskutiert wird. Diese Diskrepanz in der Innovationsgeschwindigkeit stellt eine ernsthafte Herausforderung für die europäische Wettbewerbsfähigkeit dar. Zudem wurden strukturelle Probleme in der Lieferkette offengelegt. Der CEO von Dynamit Nobel Defence berichtete, dass aufgrund mangelnder Nachfrage in den vergangenen Jahren viele Zulieferbetriebe die Produktion wichtiger Komponenten eingestellt haben. Diese sind nun auf dem Markt nicht mehr verfügbar, was die Branche vor die Aufgabe stellt, neue Lieferanten zu finden und zu entwickeln. Eine grundlegende Frage, die sich durch die gesamte Diskussion zog, war die nach der Sicherstellung dauerhafter Abnahmen. Unternehmen benötigen Garantien, um die erheblichen Investitionen in neue Kapazitäten rechtfertigen zu können. Es wurde deutlich, dass das Risiko nicht allein bei den Unternehmen liegen kann, sondern neue Modelle der Zusammenarbeit zwischen Industrie und öffentlichem Sektor erforderlich sind.

Auf nach Lettland?

Gerne. Wir (er-)klären, was geht. Wir machen auch deutlich, wenn es woanders besser gehen sollte.